Übersicht

Mimesis des bewegten Bildes

 

Prof. Dr. Lorenz Engell
(Bauhaus-Universität Weimar, Internationales Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie)

 

Prof. Dr. Christiane Voss (Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien, Professur Philosophie audiovisueller Medien)

 

Franziska Winter, M.A. (Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien)

 

Ida Brückner, B.A. (Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien)

 

Das Teilprojekt „Mimesis des bewegten Bildes“ folgte dem übergeordneten Ziel der Forschungsgruppe, „Mimesis“ nicht länger als Konzept der Hierarchisierung von Vor- und Nachbild, Original und Fälschung zu verwenden. Daraus ergab sich, dass sowohl mit Blick auf Formate der Serialität wie in Bezug auf kinematographische und medienentgrenzende Darstellungen, das Mimetische vielmehr in Phänomenen der horizontalen Abfolge und der zeitlichen Ausdehnung zu fassen ist.
Dementsprechend untersuchte das Unterprojekt 1 das darstellerische Potenzial des Bewegtbildlichen unter dem Gesichtspunkt seiner affektlogisch verfahrenden Operationsmodi, unter denen der bisher kaum theoretisierte McGuffin ins Zentrum rückte. Die Umstellung des Blickwinkels bestand unter anderem darin, die Materialität der konkreten Dinge und Beziehungen im Film sowie deren Effekte für die affektive Zeitkonstitution ins Zentrum zu stellen. Das Unterprojekt 2 verfolgte die Absicht, die Fernsehserie als („mindere“) Mimesis des bewegten Bildes zu begreifen. Zu diesem Zweck wurde Ludwig Wittgensteins sprachphilosophischer Denkansatz der „Familienähnlichkeit“ herangezogen. Im Licht dieses Modells wurde unter anderem deutlich, dass die traditionelle Abgrenzung zwischen der Fortsetzungsserie und der Serie in Episoden eine relativ unscharfe, revidierbare und veränderliche bleibt. Dafür stehen die zahllosen Misch- und Übergangsformen, die das Serielle unentwegt verschieben und neu aufgliedern. Die Mimesis des bewegten Bildes erwies sich dabei als ein plastisches Prinzip von höchster Flexibilität und als produktiver Modus der Zeitgestaltung. So gelang es, verschiedene mimetische Strategien der Temporalisierung durch De- und Rekonfiguration zu differenzieren, die Abfolgen der Bilder in Sequenzen und Serien regulieren – wie zum Beispiel die humoristische Affirmation, die Camouflage, die Kopie und die physische Weitergabe von Qualitäten.

 

Der Beschäftigung mit McGuffins konnte eine sinn- und rationalitätskritische Lesart der Motivation von Bewegung und Verhalten entnommen werden, die nicht zuletzt aufgrund ihres Fokus auf taxische, affektlogische und dingliche Qualitäten neben dem Zeitbezug ihrer illusionären Faszinationseffekte nun den Raumbezug auf neue Weise problematisch macht. Auch in seriellen Prozessen sind neben den zeitlichen dominant raumkörperliche, z.B. technische Beziehungen und raumgreifende bzw. -bildende Operationen am Werk. Als Folgefragen ergaben sich dementsprechend die nach den räumlichen Bedingungen und Dimensionen immersiver Mimesis sowie die nach der Schärfung und Erweiterung des Konzepts immersiver Mimesis über das bewegte Bild hinaus.