Zwischen inventio und correctio. Mimetisches Schreiben und Kulturtechniken der Revision bei Robert Walser und anderen
Der Schriftsteller «ist Karrenschieber, Wirt, Raufbold, Sänger, Schuster, Salondame […]. Er ist der Hungernde und der Sattgegessene, der Prahler und der Prediger, der Wind und das Geld. […] Für ihn gibt es nur eine Religion, nur ein Gefühl, nur eine Weltanschauung: in die Anschauung, in das Gefühl, in die Religion anderer, womöglich aller, liebend aufpassend unterzuschlüpfen.» (R. Walser)
Die Tendenzen der Mimesis und der Korrektur schaffen ein Spannungsfeld modernen Schreibens, dessen textuelle Dynamik am Werk Robert Walsers besonders gut zu besichtigen ist. So basiert Walsers Schreiben auf einer Vielfalt von mimetischen Figuren, die von der Paraphrase, der Anlehnung, der Zitation und Spiegelung bis zur Revision reichen. Innerhalb dieses Spektrums, so unsere Ausgangsüberlegung, gewinnt Walser sein schöpferisches Potential.
Auf unserem Workshop möchten wir die poetologischen und kulturtechnologischen Implikationen der mimetisch präzisen Schreibverfahren Walsers diskutieren. Eine im textgenetischen Sinne ‚revisionistische‘ Poetik soll auch im vergleichenden Blick auf weitere Autoren der Moderne und Gegenwart gewonnen werden.
Die Tagung wird veranstaltet von Markus Krajewski, Ines Barner und Alexander Honold im Rahmen eines Verbunds der DFG-SNF-Forschungsgruppe Medien und Mimesis mit dem SNF-Sinergiaprojekt Medien der Genauigkeit sowie dem Robert Walser-Zentrum, Bern.
Programm
Donnerstag, 8.6.17
16:30 Markus Krajewski, Alexander Honold, Ines Barner
Einführung
17:00 Friedrich Balke (Bochum)
Anlesen und Aufschreiben. Robert Walsers freie Aufsätze
18:00 Apéro
19:30 Wolfram Groddeck (Zürich)
Genauigkeit und Kontingenz. Robert Walsers stilistische Experimente
Freitag, 9.6.17
Moderation: Hubert Thüring
9:00 Lucas Marco Gisi (Bern/Basel)
Selbst-Dokumente von fremder Hand oder: Wie ein verstummter Schriftsteller zu Wort kommt
10:00 Kaffeepause
10:30 Simon Roloff (Hildesheim)
Bewerbung als Null. Walsers Selbstdokumentation der Stellenlosen
11:30 Lucas Knierzinger (Basel) „Der aufgerissene Rachen des Notizbuchs“. Zur Ästhetik der Selbst-Dokumentation bei Peter Weiss
Mittagessen
Moderation: Alexander Honold
14:00 Ines Barner (Basel/Köln)
Mimesis und Revision. Christian Morgenstern lektoriert Robert Walser
15:00 Kaffeepause
15:30 Martin Roussel (Köln)
Mimesis der Schrift
16:30 Markus Krajewski (Basel)
Metalepse und Rekursion. Robert Walsers Ebenenwechsel
Samstag, 10.6.17
Moderation: Markus Krajewski
9:00 Pascal Noirjean (Basel)
Inszenierte Sofortkorrektur – textgenetische Perspektiven
10:00 Kaffeepause
10:30 Christian Walt (Zürich)
Improvisation und Invention. Zu Robert Walsers Schreibszene
12:30 Barbara von Reibnitz (Basel)
Textgenese und Titelkorrektur in Walsers Reinschriftmanuskripten
Ort: Universität Basel, Rheinsprung 21, Seminarraum 00.004
Um Anmeldung wird gebeten: genauigkeit@unibas.ch